Das Graviton

In der Quantentheorie werden Wechselwirkungen durch Botenteilchen vermittelt: Zur elektromagnetischen Wechselwirkung gehört das Photon, zur starken Wechselwirkung das Gluon, und zur schwachen Wechselwirkung das W- und Z-Boson. Das bislang hypothetische Botenteilchen der Schwerkraft wäre das Graviton.

Verschiedene Szenarien für die Physik jenseits des Standardmodells, die zum Beispiel Extra-Dimensionen vorsehen, sagen die Existenz von Gravitonen voraus. Falls Gravitonen existieren, sollte es möglich sein, sie am LHC zu erzeugen und über ihre Zerfallsprodukte nachzuweisen. Gravitonen koppeln an den Energie-Impuls-Tensor und könnten sich umwandeln in ein Paar von Leptonen, Quarks oder Bosonen, z.B. Paare von Photonen oder Gluonen - obwohl Photon und Gluon masselos sind!

Im ATLAS Z-Pfad sind von besonderem Interesse die Umwandlung eines Gravitons in die folgenden Endzustände: zwei Leptonen, zwei Photonen oder 4 Leptonen (ZZ), die bislang genutzt wurden, um die Masse des Z-Bosons zu bestimmen, das Higgs-Boson zu entdecken und nach dem hypothetischen Z' Boson zu suchen.

Obwohl das Z- und das Z'-Boson sehr unterschiedliche Massen ausweisen, kann man sie auf dem gleichen Wege finden: Beide Teilchen wandeln sich in zwei Leptonen um - und nicht in zwei Photonen. Das Higgs-Boson hingegen zerfällt in zwei Photonen oder zwei Z-Bosonen (vier Leptonen). Es kann auch in ein Paar von schweren Leptonen (tau-Leptonen) zerfallen, die Umwandlung in zwei Elektronen oder zwei Myonen wird jedoch kaum beobachtet, weil diese Leptonen vergleichsweise leicht sind und das Higgs-Boson an Masse koppelt - im Gegensatz zum Graviton.

Moment, das wird gerade verwirrend. Die invariante Masse zeigt mir, dass ich bekannte Teilchen identifiziert oder neue Teilchen gefunden habe. Woher aber weiß ich, was ich entdeckt habe?

An dieser Stelle helfen uns elektrische Ladung und Masse allein nicht mehr weiter, sondern wir müssen eine weitere Eigenschaft von Elementarteilchen einbeziehen, den spin.

Das Photon, das Z- und das Z'-Boson sind Spin-1-Teilchen. Das Higgs besitzt Spin 0, und das Graviton hat Spin 2. Falls Du Dich darüber wunderst, dass das Graviton ein Spin-2-Teilchen ist, das Photon hingegen ein Spin-1-Teilchen, denke an den Unterschied zwischen den beiden Wechselwirkungen: Die Gravitation ist im Gegensatz zur elektromagnetischen Wechselwirkung nur anziehend.

In der Quantenmechanik ist der Spin eine wichtige Größe. Bei Teilchenumwandlungen gelten bestimmte Erhaltungssätze. Demnach müssen elektrische Ladung, Energie und Impuls erhalten bleiben. Auch für den Drehimpuls und den Spin gelten Erhaltungssätze. Daraus leiten sich wiederum die quantenmechanisch erlaubten Umwandlung ab. Das Higgs-Boson kann in zwei Spin-1- oder in zwei Spin-1/2-Teilchen zerfallen. Das Z- and Z'-Boson können sich in zwei Spin-1/2-Teilchen umwandeln, jedoch nicht in zwei Spin-1-Teilchen. Das Graviton kann sich in zwei Spin-1- oder in zwei Spin-1/2-Teilchen umwandeln.