Extra-Dimensionen und Gravitation
Bereits vor rund drei Jahrhunderten formulierte Newton das Gravitationsgesetz. Doch immer noch ist unklar, warum die Gravitation im Verhältnis zu den anderen uns bekannten Kräften so schwach ist. Die Allgemeine Relativitätstheorie von Einstein stellt eine Erweiterung des von Newton postulierten Gravitationsgesetzes dar. Demnach ist die Schwerkraft eine Konsequenz der Krümmung von Raum und Zeit, die unter anderem durch die beteiligten Massen erzeugt wird. Die gesamte physikalische Welt lässt sich mit den beiden Theorie, der Allgemeinen Relativitätstheorie und dem Standardmodell der Teilchenphysik, beschreiben. Unglücklicherweise sind die beiden Theorien jedoch unvereinbar. Das Standardmodell beschreibt das Verhalten der drei Grundkräfte der Teilchenphysik, der elektromagnetischen, der schwachen und der starken Wechselwirkung, auf Distanzen von bis zu 10-19 m, welche am LHC untersucht werden können und einer Energie von 103 GeV entsprechen. Man erwartet, dass beim Erreichen der Planck-Skala (Abstand 10-34 m, Energie 1019 GeV) die Gravitation genauso stark wie die anderen Wechselwirkungen wird.
Die gravitative Wechselwirkung wird zu größeren Abständen hin immer schwächer, da sie über eine immer größere Mantelfläche verteilt wird. Im 3-dimensionalen Raum ist diese Mantelfläche 2-dimensional (die Schale einer Kugel). Deshalb gilt die 1/r2-Abhängigkeit der Gravitationskraft in Newtons Gravitationsgesetz. Falls der Raum N zusätzliche Dimensionen hätte, wäre die Mantelfläche (2+N)-dimensional und das Gravitationsgesetz besäße eine 1/r(2+N)-Abhängigkeit.
Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die 1/r2-Abhängigkeit bis zur Planck-Skala bestand hat. Ein neues Gravitationsgesetz ergibt sich aus der String-Theorie, die das Ziel hat eine endgültige vereinigte Theorie der Natur darzustellen. Diese Theorie sagt vorher, dass das Universum Extradimensionen besitzt, in die die Gravitonen entkommen können (im Gegensatz zu den anderen Teilchen des Standardmodells). Die String-Theorie besagt, dass Gravitonen (die Austauschteilchen der Gravitation), wie alle Teilchen schlussendlich die Schwingungen kleiner Strings sind. Während die Teilchen des Standardmodells Schwingungen von offenendigen Strings, ähnlich Geigensaiten, sind, sind Gravitonen die Schwingungen von geschlossenen Ringen, vergleichbar mit Gummiringen. Offenendige Strings müssen an eine "Brane" befestigt sein, unserem 3-dimensionalen Raum. Im Gegensatz hierzu können geschlossene Strings wie Gravitonen den vollen 10-dimensionalen Raum durchqueren. Jede Schwingung des Strings repräsentiert dabei ein anderes Elementarteilchen.
Es existieren Modelle, in denen die Extradimensionen: (i) eine endliche Ausdehnung haben und zu kleinen Kreisen subatomarer Größe aufgerollt sind, (ii) unendliche Ausdehnung haben, aber stark gekrümmt sind, so dass ihr Volumen sich um unser Universum konzentriert oder (iii) unendlich Ausdehnung haben und nicht gekrümmt sind, wie die uns bekannten drei Dimensionen. Allen Modellen gemein ist, dass sie vorhersagen, dass Gravitonen in diese Extradimensionen vordringen können und die Gravitation im 3-dimensionalen Raum dadurch geschwächt wird.